Sonntag, 10. Oktober 2010

Neuheidentum und die Peanuts

Auf der Suche nach einem Marienbild stieß ich auf eine Seite, die sich mit den Kelten befaßt und - wie in der Neuheidenszene beliebt - behauptet, daß die Heiligen der katholischen Kirche einschließlich Maria nur neue Namen für alte keltische Gottheiten seien. Das wird anhand der Attribute, die die Heiligen haben und anhand der Heiligengeschichten dann "bewiesen". Und dazu braucht es nur ein paar kleine Tricks. Man erklärt erstens die Kelten zu absolut friedlichen und fröhlichen Menschen, zweitens alle, die etwas anderes berichten, zu Lügnern und "findet" drittens "keltisches Erbe" in katholischen Festen, Gebräuchen und Heiligen. Das fängt bei Cäsar an, der berichtet, daß es Menschenopfer bei den Kelten gab, die in Strohpuppen gesteckt und verbrannt wurden und dann ist natürlich - wie immer - die katholische Kirche an allem anderen schuld.

Alles geht dann weiter nach Art von Lucy von den "Peanuts". Lucy erklärt ihrem kleinen Bruder Linus die Welt indem sie erzählt Hydranten wüchsen überall, keiner wisse warum. Charlie Brown fragt sie woher sie denn diese "few unknown facts of life" kenne und sie antwortet: "I make them up" (ich erfinde sie).

So nimmt dann auch diese Keltenseite sich Heilige der katholischen Kirche vor, schaut, wo sie von ihren Symbolen und Geschichten her mit denen alter Gottheiten übereinstimmen könnten und erklärt sie zu feindlich übernommenen alten Göttern.

Und hier ist diese Keltenseite. Ich habe Euch die erste Erklärung, in der der begabte Herr Dr. locker seine Vorgehensweise beschreibt, verlinkt. Aber Vorsicht! Wenn man diese Einleitung nicht im Blick behält, fällt man leicht auf den Rest rein, der da so aggressiv und "wissenschaftlich" daherkommt. Sein Motto: " daß es (trotz aller „klassisch gebildeten Verneblerei) gar nicht schwer ist, mit etwas geschärfter Aufmerksamkeit einen verblüffend einfachen Zugang zum nahezu alltäglichen Kelten-Erbe rundum in unserer eigenen (un-atlantischen) Lebenswelt zu finden - ganz„wissenschaftlich und ohne Rute, Pendel, „Esokram (Zitat) und so."

Wer mehr über das Gemisch aus Geschichtskenntnis und willkürlicher Interpretation lesen will, schaue in der Rubrik Geschichte "Zusammenfassende Übersicht zur Entwicklung des Keltischen".

Das mit dem darauf Hereinfallen geht ganz prima, wie ich aus meinem eigenen Leben weiß, man muß nur ausblenden, was nicht ins Bild paßt. So habe ich das auch bei meiner Diplomarbeit über Hexen gemacht. Ist man einmal auf der Spur und schaut in bestimmter Weise auf die Fakten, findet man immer etwas, das paßt. Das heißt nur leider nicht, daß es auch stimmt, sondern es ist ähnlich wie bei den Statistiken, denen man nicht trauen soll, wenn man sie nicht selbst gefälscht hat.

Hierbei ist mir wieder aufgefallen, wie leicht wir Menschen doch die Spur verlieren, auf Sekten und Ideologien hereinfallen und erst nachher feststellen, was das mit uns und der Welt macht, und - wenn wir Glück haben - meist verletzt und im besten Fall um ein paar Erfahrungen reicher und ein paar Lebensjahre weniger wieder da rauskommen.

Dazu braucht es manchmal nur eine Prämisse, die wir entweder nicht durchschauen oder vergessen - und schon hängen wir drin. Daher können Sekten auch intelligente Menschen erwischen. In einer Studie wurde kürzlich festgestellt, daß Menschen sich einander in Sprache und Verhalten sogar schon bei einem Gespräch sehr schnell ihrem Gegenüber angleichen. Genau das hat auch die Sektenforschung festgestellt. Wir sind einfach hochsoziale Wesen und sehr leicht beeinflußbar.

Ich denke mittlerweile, daß uns nichts besseres passieren kann als Jesus Christus nachzufolgen, denn das ist das beste Gegenüber das wir haben können mit seiner absoluten Liebe und Hingabe gegenüber Gott und den Menschen. Haben wir diese Richtschnur nicht, rennen wir sehr schnell falschen Freunden hinterher, die uns Freiheit versprechen und Sklaverei bieten.

Und da macht es überhaupt keinen Unterschied welche Gaben jemand hat, auch mit prophetischen Gaben sehen wir doch immer wie Paulus sagt "in einem Spiegel alles rätselhaft". (1. Korinther 13,12) Weder unser Wissen noch unsere Erkenntnis läßt uns die Folgen unseres gesellschaftlichen Handelns und unserer geistigen Moden sehen, nicht einmal wenn wir die Folgen direkt vor Augen haben - wie jetzt gerade wieder in Bezug auf die Zerstörung der Familie, Abtreibung und Islam.

9 Kommentare:

  1. Ich habe mir die Seiten mal kurz angesehen. Der Autor fasst zwar auch Erkenntnisse der Keltenforschung mit zusammen, aber die Quellen, auf die er sich für den Rest seiner Behauptungen bezieht, werden leider nie genannt. Alle historischen Aufzeichnungen bezeichnet er als unglaubwürdig. Worauf also basiert das, was er behauptet? Ich habe mich selbst aus privatem Interesse (Artussage, Sprachstudien etc) schon mit Quellen über die Kelten befasst, die übrigens keineswegs nur ein Negativbild liefern. Manche Details wie die Herleitung des KMB sind reichlich unsinnig. Oder die Sache, dass Cäsar Millionen Kelten umgebracht habe? Das passt doch nicht. Erstens, wo sollten die Millionen damals hergekommen sein? Und zweitens, womit soll Cäsar denn soviel Geld gescheffelt haben wie behauptet, wenn nichts mehr da war, von dem er das Geld (über Steuern) erheben konnte?

    Wenn wirklich Leute Behauptungen glauben, die auf keinen historischen Dokumenten beruhen,sondern diese samt und sonders verunglimpfen und überhaupt keinen einzigen objektiven Beleg für ihre Behauptungen anführen, ist die Fähigkeit zu vernünftigem Denken wirklich sehr stark reduziert.

    Ich hoffe, ich bin nicht unhöflich, wenn ich diesen vorigen Satz schreibe. - Man muss bei derartigen Ausführungen eigentlich nur eine Frage klären, nämlich: Was sind die Grundannahmen, auf denen die Argumentation basiert? Es gibt immer positive Grundannahmen, sonst kann man keine logische Argumentation aufbauen. Der Autor bringt aber nur negative Grundannahmen und begründet selbst gar nichts. Sicher, wenn man selbst bereits die Grundannahme hat, dass das Christentum in sich menschenverachtend und grausam ist und Christen allesamt machtgierige Unterdrücker sind, dann will man gar keine Fakten überprüfen sondern stimmt einfach in Verunglimpfungen mit ein. - vergl. a. meinen ersten Post zum King Arthur-Film und der dortigen Darstellung.

    Ich habe mich auf der Site dann auch den Fragen für Fortgeschrittene widmen wollen, die aber kaum das aufgreifen, das man bei etwas mehr Hintergrundwissen fragen möchte. Nur ein einziger Eintrag war abrufbar. Und der brachte kein Argument sondern eine allgemeine Verunglimpfung der Wissenschaft. - Irgendwie vermute ich, der Verfasser jener Webseite nimmt als Basis für sein vorgebliches Wissen Berichte von Reinkarnations-Rückführungen und was soll man da noch sagen?
    Bewundernswert ist allerdings der Arbeitsaufwand, der in diese Seite gesteckt wurde. Da können wir uns alle ein Beispiel nehmen. Natürlich nicht an der Art, wie da über andere gesprochen wird.

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  2. @Akatair
    Danke, daß Du das noch mal aufgrund Deiner Kenntnisse kommentiert hast. Leider ist so etwas wie das Vorgehen bei dieser Website sowohl in der Esoterik-Szene als auch in der Neuheidenszene weit verbreitet, einschließlich der Verunglimpfung der Wissenschaft. Die Legitimation kommt außerdem oft, wie Du argwöhnst, aus "Durchsagen", Reinkarnationsrückführungen und ähnlichem. Der Verfasser dieser Seiten ist sehr fleißig gewesen und hatte offenbar auch Charisma, was dann oft zu einer mehr oder weniger größeren Jüngerschar führt. Es läuft auf eine Ersatzreligion hinaus.

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  3. Auch Davila, der eigentlich als katholischer Philosoph angesehen werden kann, kam einmal zu einer ähnlich kruden Annahme.
    "Wenn der Historiker entdeckt, das sich in einem christlichen Heiligen ein heidnischer Gott versteckt hat, hören alle auf, an den Heiligen zu glauben.
    Ich beginne an den Gott zu glauben."

    Was die Quellen der neuheidnischen Szene betrifft, so ist es für sie garnicht möglich sich auf Urquellen zu beziehen. Selbst das was wir unter der Edda kennen ist nichteinmal halb so alt wie die Bibel. Bei den meisten Geschichten wissen wir zwar nicht wie alt sie ursprünglich sind, aber mündliche Tradition kann sich nicht über ein Jahrtausend erhalten ohne sich wesentlich zu verändern. Deswegen müssen sich Neuheiden ob sie es wollen oder nicht auf die Zeit beziehen in der am meisten "heidnische" Literatur geschrieben wurde. Und das ist noch garnicht so lange her. ;)

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  4. @gregoriusbraun
    Das Ganze kommt hauptsächlich aus dem 19. Jahrhundert, in dem unter anderem die Brüder Grimm in dieser Richtung forschten. Es uferte so aus, daß man, wie unsere Keltenfreunde, einfach jedes Fest auf keltische, germanische, aber auf keinen Fall christliche Ursprünge zurückführen wollte. Als den Gipfel der ganzen Angelegenheit empfinde ich noch immer, daß man, da man für Ostern nicht recht etwas fand, eine Göttin Ostara annahm, die noch heute durch die Medien geistert, ohne daß die Herrschaften mitbekommen hätten, daß diese Göttin eine Erfindung ist.

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  5. Dass Ostara eine Erfindung des 19. Jhr. ist wusste ich noch garnicht, danke für die Information. Ich hatte bisher angenommen, dass es sich dabei wirklich um eine Figur der Mythologie handelt und diese nur in typischem Aberglauben auf Ostern angewendet wurde. Es gibt sogar eine relativ bekannte Musikgruppe, welche so heisst, mit deren Hintergrund kenne ich mich allerdings nicht aus. Da forsch ich doch einfach mal nach.

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  6. Also ich verstehe das Ganze so, dass die Kirche in ihrer Weisheit und Güte mit Sicherheit religiöse Bräuche der Kelten aufgegriffen hat. Aber wenn das geschah, dann nur weil alles andere totalitäre Grausamkeit gewesen wäre, und es geschah mit Sicherheit nicht indem man Maria erdichtete um der keltischen Spiritualität zu genügen. Sondern man nahm von der Frömmigkeit dieser Menschen was nicht falsch, sondern nur falsch verstanden war, und brachte die Leute zum richtigen Verständnis.
    Unseriös wird es, wenn man versucht, eine keltische Religion versucht per Rückzüchtung wiederherzustellen. Denn den Originalzustand kann keiner kennen. Allerdings hörte ich neulich in einem Podcast des bayrischen Rundfunks, dass Altötting ursprünglich ein Ort gewesen sei, an dem die dreifaltige keltische Muttergöttin verehrt wurde. Dass es sich bei derartigen Annahmen um bestenfalls hoch wissenschaftliche Spekulationen handelt, wurde freilich nicht erwähnt. Aber angedeutet war damit alles- im katholischen "Kirchenfunk".

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  7. Ich habe mich einmal mit einer Keltologin (ja, dieses Studium wird an manchen Universitäten angeboten!) unterhalten. An dem Universitäts-Institut, an dem sie arbeitete, hatten alle einen, nu ja, "furor celticus" vor den idR selbsterannten Kelten-Experten. Deren Erkenntnisse hat sie mit dem schönen katholischen Terminus "Privatoffenbarungen" bezeichnet. Die "harten Fakten" - Sprachforschung, Schriftquellen, archäologische Erkenntnisse - werden von den Keltomanen häufig nach dem á-la-carte-Prinzip in diese Privatoffenbarungen eingebaut, dh, was mir paßt, nehm' ich, den Rest ignorier' ich.

    Achja, noch zu Caesar: So harmlos war der Mann nicht, wenn man von den Behauptungen der Kelten-Ideologen die Hälfte bis zwei Drittel abzieht und den Rest durch ein feines Sieb laufen läßt, dann bleibt immer noch genug übrig. Es stimmt, Steuern waren wichtig für den römischen Staat, also brauchte man Leute, die man ausplündern konnte. Das war aber nicht die einzige Einnahmequelle: Das Römische Reich war der größte Sklavenhalter-Staat seiner Zeit. Kriegsgefangene wurden idR versklavt und entweder in den Bergwerken zu Tode geschunden oder über die großen Sklavenmärkte in Rom und Delos en masse verkauft.

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  8. @Alex
    Behauptungen wie die, Altötting sei der "dreifaltigen keltischen Muttergöttin" einmal geweiht gewesen zeigt wie unkritisch die katholische Kirche mit Bewegungen umgeht, die im Sektenwesen gipfeln. Ich halte es schon für möglich, daß man anfangs versucht hat eine alte Religion oder alte Bräuche zu integrieren, aber das besondere am katholischen Glauben ist schließlich daß Jesus gleichzeitig Gott und Mensch war, zum Anfassen und kein imaginierter Götze, ebenso wie Maria eine lebendige Frau war und keine Göttin von irgendetwas, die niemals Mensch war.

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  9. @Hermann
    In Bezug auf Deine Wissenschaftlerin muß ich sagen, daß ich da so einiges erlebt habe, was tatsächlich nicht nur wissenschaftlich erklärbar ist, denn auch die keltische Religion hat eine transzendente Dimension, nur wenn wenigstens etwas Wahrheit drinsteckt ist egal welche Sekte attraktiv, aber im Prinzip hast Du recht, daß es da um Privatoffenbarungen geht.
    Ich wollte mit meinem Post übrigens keine Ehrenrettung für Cäsar schreiben, der selektive Umgang der Neuheiden mit geschichtlichen Überlieferungen hat mich vor allem geärgert.

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